Widerspruch im Senat: Wird Religion reguläres Schulfach - oder nicht?
Ja, wie denn nun? Wird Religion, erstmals seit dem Krieg, doch noch in dieser Legislaturperiode zum regulären Schulfach - oder bleibt es im Status einer unbenoteten Kirchenveranstaltung? Wegner hält an 2026 als Ziel fest
Diese Frage ist wieder aktuell, seitdem sich der Regierende Bürgermeisters Kai Wegner in Widerspruch zu seiner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (beide CDU) begeben hat. Nun rätselt die Öffentlichkeit, wessen Einschätzung weiter trägt. Der Widerspruch ist offenkundig - zwar nicht inhaltlich, aber zeitlich. Der Senatschef hatte nämlich Anfang der Woche bekräftigt, er halte daran fest, dass der Religionsunterricht ab Klasse 7 noch „in dieser Legislaturperiode bis 2026 zu einem echten Wahlfach“ werden solle. Hingegen hatte die Senatorin noch am 8. April öffentlich postuliert, es sei „allen klar gewesen, dass drei Jahre nicht ausreichen, um ein neues Fach zu installieren“ - auch wenn das in der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD als Ziel genannt war.
Auf die Frage des Tagesspiegels, ob auch die Senatorin ihre Meinung geändert habe oder hier ein Dissens zu Wegner vorliege, verwies ihr Sprecher schmallippig auf die Senatskanzlei. Die wiederum rang lange um Antwort und schrieb schließlich, es sei dem Senat bewusst, dass der Zeitplan „eine große Herausforderung“ sei. Aber 2026 sei machbar.
Ob der Regierende Bürgermeister nicht auf die Expertise der Senatorin vertraue, die doch die Abläufe in der Bildungsverwaltung und die Herausforderungen bei der Einführung eines regulären Unterrichtsfachs besser kennen müsste als er selbst? Doch, ließ Wegner am Freitag antworten, er vertraue sehr wohl auf deren Expertise.
Die Fraktion ist zurückhaltend, die Kirchen sind selbstkritisch Wie aber geht es nun weiter? Wegner selbst verweist auf „intensive Gespräche mit den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften“ und benennt damit schon einen Teil des Problems. Denn zu hören ist, dass sich ausgerechnet die beiden großen Kirchen, die ja seit Jahrzehnten das reguläre Fach Religion fordern, bisher nicht besonders bemüht hätten, die Sache voranzubringen. „Wir hätten uns mehr engagieren können“, heißt es denn auch ebenso selbstkritisch wie inoffiziell aus einer der beiden Kirchenzentralen. Auch die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Sandra Khalatbari, sagte am Freitag auf Nachfrage, dass die Religionsgemeinschaften „bisher zurückhaltend mit ihren Vorschlägen“ gewesen seien. Möglicherweise habe „jeder auf den anderen gewartet“.
Das soll sich nun ändern. So muss für jede einzelne der bisher für die Kirchen und die anderen Religionsgemeinschaften wie die Islamische Föderation tätigen Lehrkräfte geprüft werden, ob sie die Voraussetzungen erfüllt, um im öffentlichen Auftrag das Fach zu unterrichten. Zudem sind Rahmenpläne zu verfassen. Das alles vor dem Hintergrund sinkender Teilnehmerzahlen im christlichen Religionsunterricht. Seit 2017 ging das Interesse um über 15 Prozent zurück.
Zur Passivität der Kirchen könnte beigetragen haben, dass die Einführung des ordentlichen Wahlpflichtfachs nicht im aktuellen großen Entwurf der Bildungsverwaltung zur großen Schulgesetzreform vorkommt. Das hatten die Katholische und Evangelische Seite bereits im November kritisiert.
Dies ließe sich theoretisch noch ändern, denn der Entwurf ist gerade in der parlamentarischen Abstimmung, aber: „In diesen Entwurf kommt das nicht mehr rein“, lautet die klare Ansage Khalatbaris. Die Absprachen mit dem Koalitionspartner SPD sähen das Thema für den aktuellen Entwurf nicht vor.
Allerdings ist noch eine zweite Schulgesetznovelle 2025 geplant. Könnte es dann soweit sein? Khalatbari schließt das nicht aus. Aber ein lautes „Ja“ hört sich anders an.